Niedersächsische Zahntechniker-Innung 


Zirkograph ECO


„Billigzahnersatz ist wie Cola – man bekommt ihn überall“


Enrico Steger rockt die Zahntechniker in Niedersachsen

Referent: Enrico Steger


Wäre Enrico Steger in der Schule ein kleines bisschen weniger aufmüpfig gewesen, dann hätte er nie als pädagogische Maßnahme auf eine Alm gemusst. Wenn er nicht auf die Alm verbannt worden wäre, dann hätte er nie das Schnitzen angefangen. Hätte er nicht geschnitzt,
wäre ihm seine handwerkliche Begabung nicht aufgefallen und er wäre kein Zahntechniker geworden. Wäre er kein Zahntechniker geworden,
hätte er nicht so viele Kollegen aus ganz Europa in seinen Bann ziehen können. Natürlich hätte er auch nicht für sich und uns die manuelle Zirkonfrästechnologie erfinden können. Aus einer schulischen Schwäche ist für Steger eine Chance entstanden, die er mit großem Enthusiasmus und mit Leidenschaft genutzt hat. Er liebt die Zahntechnik, er lebt sie, er zelebriert sie und er hat Erfolg. Großen Erfolg.
Er exportiert in 78 Länder. Was ist sein Geheimnis? Ganz einfach: „Man muss sein Gehirn richtig polen. Man darf nicht nur, sondern man sollte
die rosarote Brille aufsetzen. Wer aus einer Familie von Meckerern kommt, der hat nichts anderes gelernt als zu meckern und genau das wird man, wenn man nicht an seiner eigenen Einstellung arbeitet, auch immer tun.“
Wow. Enrico Steger, ein künstlerischer Meister des Zirkon, ließ die Teilnehmer der ordentlichen Mitgliederversammlung der Niedersächsischen Zahntechniker-Innung einen tiefen Blick in sein Denken werfen.  Made in Germany – Ein Hoch auf die deutschen Tugenden Um seine Gedanken zu verstehen muss man Stegers Herkunft kennen. Er kommt aus Südtirol und arbeitet in Italien. Dort ticken viele Uhren ein wenig anders als bei uns in Deutschland. „Der Deutsche liebt es nach Italien zu fahren und genießt es, dort den Abfall aus dem Fenster zu werfen, ohne dabei schief angeschaut zu werden. Das ist toll. Das ist Freiheit. Für eine gewisse Zeit. Aber froh ist er dann doch wenn er wieder nach Deutschland kommt.“ Für Steger sind die viel gerühmten deutschen Tugenden wie Pünktlichkeit, Sauberkeit, Stringenz und Ordnung ein Klischee, und doch sind sie mehr als nur das. Jedes Klischee enthält ein Fünkchen Wahrheit und genau dieses Fünkchen liebt Steger. Umso weniger kann er es verstehen, wenn man diese Werte über Bord zu werfen bereit ist, zu Gunsten von Dumpingpreisen und schlampiger Ware von der Stange. Für ihn ist ein Zahnersatz, der nicht mit Liebe, Zeit und Herzblut erstellt ist, eine Art Coca Cola.
„Egal wo auf der Welt man sich befindet, überall bekommt man eine. Damit macht man sich nicht besonders. Einzigartig wird man, wenn man als Standort sein eigenes Bier braut.“ Oder einen außergewöhnlich schönen Zahnersatz herstellt. Die guten Produkte, die haltbaren, die, in die jemand Leidenschaft investiert hat, die machen den anspruchsvollen, künstlerischen Zahntechniker stolz. Dieser Stolz ist es, der den Menschen glücklich und zufrieden werden lässt, nicht der schnelle Verdienst, der dann genauso schnell wie er gekommen ist wieder für irgendwelche Konsumgüter, die ihrerseits das schnelle Glück versprechen, ausgegeben wird. Wenn ein Zahnersatz seinen hohen Wert innehat, kann auch ein hoher Wert dafür erzielt werden. Für den Zahntechniker hat ein Produkt nur dann Wert, wenn er es mit den eigenen Händen hergestellt hat, daher sagt Steger „ich bin Produzent und nicht Einkäufer von Zahnersatz.“ Das macht sein Produkt für den Patienten zu einem wertvollen Produkt. Schlechte Wirtschaftslage als Chance für Entwicklungen Nach Steger ist es eine ökonomische Milchmännchenrechnung zu glauben, dass Rabatte und Nachlässe den Kunden locken. „Nur weil Särge gerade billiger werden, sterben ja auch nicht mehr Menschen,“ so sein treffender Vergleich. Wer von seinem Produkt überzeugt ist, setzt den Preis dafür nicht runter. Und damit noch einmal zurück zur Mentalität des Meckerns: Wenn die Zeiten gerade mal nicht so gut sind, soll man sich Stegers Meinung nach auf die besseren Zeiten zurückbesinnen. Wertarbeit enthält nicht umsonst das Wort „Wert“. Und Werte setzen sich durch. Heißt: Nach Regen folgt Sonnenschein. Nach einer Talfahrt geht es auch irgendwann wieder aufwärts. Wer jedoch die Preise abstürzen lässt, hat auch nach der Talfahrt noch Regenwetter. Wenn die Auftragslage schlecht ist, dann sollte man die Zeit für Entwicklungen und Forschung nutzen. Wer eine Idee hat, muss sie umsetzen. Auch wenn er dabei auf Schwierigkeiten stößt. „Wir müssen uns das kindliche Denken bewahren. Erwachsene geben nach zwei oder drei Fehlversuchen  auf mit der Begründung: Das geht nicht. Wenn Kinder nicht eine ganz andere Einstellung hätten, dann würden wir alle über den Boden robben. Wir hätten nach dem zweiten misslungenen Versuch auf zwei Beinen zu laufen resigniert aufgegeben.“ Wenn gar nichts mehr geht, geht immer noch Marketing. Darin ist der Mensch von Natur aus begabt. In jedem Bereich des Lebens versuchen wir andere Menschen von uns zu überzeugen. Sei es bei der Arbeit, sei es im zwischenmenschlichen Bereich. Wichtig ist es nach außen zu tragen was man macht, was man besser macht als die Anderen und was man zu bieten hat.  Innovative Technologien Steger präsentierte sich als leidenschaftlicher Perfektionist. Ein perfektes Produkt herzustellen braucht Zeit. Natürlich ist er auch ein Fan von den technologischen Möglichkeiten und Entwicklungen des CAD/CAM, aber immer in Verbindung mit dem handwerklichen Geschick. „Wer kein guter Handwerker ist, der richtet auch digital nichts aus. Die digitale Technologie verleitet -wenn man sie denn beherrscht- dazu, schnell zu produzieren. Was schnell produziert ist, ist nichts wert. Vergleichbar mit einem Nagel: Ein Nagel ist schnell hergestellt und daher auch nichts wert.“ Fast nebenbei erklärte er dann auch noch die Möglichkeiten seiner „5-Achsen-Simultan-Technologie“, einer Maschine, mit der eine komplette Prothese in einem Stück gefräst werden kann. Und das in ganz erstaunlicher Qualität. Als Beispiel dient Steger ein zahnloser Kiefer, der mit sechs bis acht Implantaten versorgt wurde. Die Implantate wurden mit Zirkonoxydkappen verschraubt. Sowohl Oberkiefer als auch Unterkiefer wurden maschinell als „Einstückgerüst“ aus Vollzirkon hergestellt und nur der Frontzahnbereich keramisch individualisiert. Im Ergebnis ist eine tolle, ästhetische Zahnersatzversorgung im zahnlosen Kiefer erzielt worden. Was Steger erzählt klingt phantastisch einfach und teilweise einfach phantastisch. Aber sein Konzept geht auf - sein eigener Erfolg gibt ihm Recht. „Die Zahntechniker aus Niedersachsen und den angrenzenden Innungen sind von Ihrer philosophischen Betrachtungsweise unseres Berufes, Ihrer künstlerischen Begabung sowie von Ihrer persönlichen Bescheidenheit angetan. Sie haben uns in dieser Zeit gut getan,“ mit diesen Worten dankte OM Lutz Wolf Herrn Steger, der wegen Flugproblemen auf Grund der Vulkanasche mit dem PKW zur Innungsversammlung nach Hannover angereist war. Treffend auch die Verabschiedung eines Kollegen, „ich lasse mich nicht mehr knebeln, heute fahre ich wirklich selbstbewusster nach Hause, eigentlich denke ich doch auch so wie Enrico.“